Karate für Kinder
Für einen Karatebegeisterten ist das Trainieren von Kindern und Jugendlichen wohl eine der dankbarsten Aufgaben überhaupt. Doch Begeisterung allein macht noch keinen guten Kindertrainer aus, denn ein kindsgerechtes Training ist nicht einfach nur ein „Erwachsenentraining „light“. Individuelles Heranführen der jungen Karatekas an deren Möglichkeiten verlangen viel Einfühlungsvermögen und Geduld. Der Sensei (Lehrer) soll nicht nur Vorbild, sondern darüber hinaus auch Motivator, Coach und Unterhalter sein. Dem natürlichen Spieltrieb der Kids muss im Training zwingend Rechnung getragen werden, ansonsten verliert man als Trainer schnell seine Wirkung und die Begeisterung für das Training flacht ab. Kein Gütesiegel der Welt ist deshalb ein so verlässliches Zeichen für ein kindsgerechtes Training wie die Anzahl der Kinder mit langjähriger Zugehörigkeit zur Schule. Die Beweggründe für den erstmaligen Besuch eines Karatetrainings sind mannigfaltig. Meistens werden die Kinder einfach durch Mund zu Mund-Propaganda ihrer „Gschpäändli“ begeistert. Nicht selten kommt jedoch die Initiative auch seitens der Eltern. Diese formulieren für ihre Kinder Ziele wie eine Verbesserung der Konzentration und des Durchhaltevermögens, die Möglichkeit sich selber verteidigen zu können oder aber auch die Stärkung des Selbstbewusstseins. Entsprechend den Anforderungen ist es unser Anspruch, so individuell wie möglich zu fordern und zu fördern. Dem schüchternen Kind soll Gelegenheit zur Stärkung des Selbstvertrauens geboten werden,
während beim eher aggressiven Kind der Schwerpunkt auf Selbstdisziplin und Beherrschung liegt. Ein typisches Training beginnt mit einem zirka 10-minütigen Aufwärmtraining, in welchem der Körper auf die nachfolgenden Belastungen vorbereitet und zudem die Koordinationsfähigkeit und der Gleichgewichtssinn trainiert wird. Anschliessende Trainingseinheiten der Grundschule (Kihon) fördern die technischen Fähigkeiten und die Ausdauer.
Der Freikampf (Kumite) mit dem Partner schult nicht nur die Entwicklung von Zeitgefühl (Timing) und Reaktionsvermögen, sondern dient vor allem auch dem besseren Umgang mit den eigenen Aggressionen und der Selbstkontrolle. So gilt beispielsweise bei Techniken zum Kopf ein absolutes Kontaktverbot, während Techniken zum Rumpf kontrolliert (leichter Kontakt) ausgeführt werden müssen. Erwartet wird rücksichtsvolles Verhalten und Respekt gegenüber dem Trainingspartner. Kurze Intermezzos zwischen den einzelnen Trainingseinheiten dienen der Kräftigung der Muskulatur, der Verbesserung der Schlagkraft oder einfach nur der Auflockerung der Trainingsstunde. Der Lohn unserer Anstrengungen ist es zu sehen, wie sich die Kinder über die Jahre entwickeln und zu reifen Persönlichkeiten heranwachsen. Natürlich sind wir uns der eigenen untergeordneten Rolle bei der Entwicklung der Kinder sehr wohl bewusst. Nichtsdestotrotz sind wir darauf auch ein wenig stolz.
Ernst Dossenbach
